Im 33. epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom 15. August 2024 wird die TESLI-Studie (Temperaturabsenkung und Legionellen-inzidenz) vorgestellt, die der Frage nachgeht, ob es durch die inflationsbedingte Absenkung der Betriebstemperaturen häuslicher Warmwasserspeicher im Jahr 2022 zu einem Inzidenzanstieg bei gemeldeten Fällen von Legionärskrankheit kam. Dargestellt wird auch, wie sich die mittleren Trinkwassertemperaturen im zeitlichen Verlauf verhielten und wie hoch der Anteil der Haushalte mit heruntergestellter Temperatur war. Diese Daten wurden auf Bundeslandebene mit der Inzidenz von Legionärskrankheitsfällen korreliert. WATERcontrol gehörte zu den sechs angefragten Laboren, die dem RKI zu Auswertungszwecken anonymisiert große Trinkwasser-Datensätze zu kommerziell genutzten Trinkwasser-Installationen zur Verfügung stellten.

Bei der Legionärskrankheit handelt es sich um die häufigste Form einer Legionellose, die sich in einer durch Legionellen verursachten Pneumonie äußert. Legionellen sind im Wasser vorkommende Umweltkeime, die sich insbesondere bei einer Wassertemperatur zwischen 25 und 45° C gut vermehren und (für den Menschen relevant) auch technische Trinkwasserinstallationen (TWI) besiedeln. Oberhalb von 55° C wird ihr Wachstum gehemmt. Im Rahmen der Energiekrise im Jahr 2022 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Energiepreise, was auch die Erwärmung des Trinkwassers verteuerte. Das RKI untersuchte im Projekt TESLI (Temperatursenkung und Legionellose-Inzidenz), ob es im Jahr 2022 zu Veränderungen der Trinkwassertemperatur kam und ob in dem Zusammenhang ein Inzidenzanstieg bei Fällen von Legionärskrankheit zu beobachten war („ökologisches“ Studiendesign). Nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV) sind zentrale TWI mit großem Volumen regelmäßig auf ihre Legionellenkonzentration zu untersuchen, dabei wird auch die Wassertemperatur gemessen. Daher kontaktierten die RKI-Forscher große, überregional tätige Labore, die entsprechende Daten zur Verfügung stellten. Die durchschnittliche Wassertemperatur lag zwischen 2015 und 2023 durchgehend im empfohlenen Bereich (≥ 55°C). Bei TWI, die nicht unter die TrinkwV fallen, können Nutzende die Warmwassertemperatur selbst einstellen (Haushalte mit Durchlauferhitzer oder Gastherme sowie Ein- und Zweifamilienhäuser).

Das Umweltbundesamt (UBA) gab eine Reihe von Empfehlungen zur Senkung der Kosten für warmes Wasser, wie z. B. die Installation wassersparender Armaturen oder die bedarfsadaptierte Nutzung von Warmwasser. Das UBA wies jedoch auch darauf hin, dass weiterhin eine Mindesttemperatur von 60° C am Austritt des Trinkwassererwärmers (am sogenannten Warmwasservorlauf [WWVL]) bzw. von 55° C im gesamten Leitungssystem eingehalten werden sollte, um ein vermehrtes Legionellenwachstum in der TWI zu vermeiden. Unklar ist, ob überhaupt bzw. wie häufig und wie lange die Betreiber von untersuchungspflichtigen Anlagen bzw. die Haushalte die Temperatur des Trinkwassers senkten, um Energie zu sparen. Es bestand die Befürchtung, dass eine Senkung der Trinkwassertemperatur auf ein Niveau, welches das Legionellenwachstum fördert, auch zu einem relevanten Anstieg von Fällen von Legionärskrankheit führen könnte.

Über eine bundesweite Bevölkerungsbefragung unter fast 2.000 Personen stellte das RKI fest, dass 28% der Befragten ihre Trinkwassertemperatur über eine längere Zeit gesenkt hatten. Dies entspricht allein in Ein- oder Zweifamilienhäusern ca. 11,5 Millionen Personen. Etwa 15 % der Befragten gaben an, sich eine wassersparende Armatur eingebaut zu haben. Aggregiert nach Bundesland konnte das Forscherteam keinen Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen Trinkwassertemperatur (untersuchungspflichtige TWI) bzw. dem Anteil der Personen mit längerer Senkung der Trinkwassertemperatur (nicht untersuchungspflichtige TWI) und der Inzidenz der Legionärskrankheit feststellen.

Wegen der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten bei der Einstellung von Trinkwassertemperaturen wurden zwei Ansätze gewählt. Der 1. Ansatz basierte auf Labordaten von untersuchungspflichtigen TWI: Kommerziell genutzte Anlagen müssen gemäß TrinkwV regelmäßig auf ihre Legionellenkonzentration beprobt werden, wobei öffentlich genutzte TWI (z. B. in Schwimmbädern oder Altenpflegeheimen) jedes Jahr und gewerblich genutzte TWI (z. B. in Wohngebäuden) alle drei Jahre im Rahmen einer orientierenden Untersuchung beprobt werden müssen. Bei diesem Anlass sind auch Messungen der Wassertemperatur vorgeschrieben. Die Betreiber geben die Beprobung ihrer TWI sowie die Untersuchung der Proben auf Legionellen bei entsprechend akkreditierten Laboren in Auftrag. Daher kontaktierte das RKI große Labore, die bestenfalls überregional Aufträge zur Probenahme entgegennehmen und Daten zu folgenden Parametern zur Verfügung stellen konnten. Von sechs Laboren schlossen die Forscher 48.447 orientierende Untersuchungen von 41.574 unterschiedlichen TWI in die Analyse ein. Die Daten reichten von 2015 – 2023, wobei die Mehrheit der orientierenden Untersuchungen zwischen 2019 und 2023 stattfanden (s. Abb. 1). Zu den orientierenden Untersuchungen gab es insgesamt 274.171 Proben (durchschnittlich 5,7 Proben pro Untersuchung). Die Mehrheit der orientierenden Untersuchungen stammte von zwei Laboren (A und B), WATERcontrol war einer der beiden großen Datenlieferanten.  Die untersuchten TWI verteilten sich auf alle Bundesländer, wobei die Mehrheit aus Nordrhein-Westfalen (26%), Baden-Württemberg (19%) und Bayern (12%) stammte.

Der ausführliche Bericht ist unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/33_24.pdf?__blob=publicationFile nachzulesen.